
Eigenschaften von Kunststoff und Lacken
Eigenschaften von Kunststoffen und Lacken variieren stark unter verschiedenen Temperaturbedingungen. So sind Kunststoffe in kalter Umgebung spröde und weniger elastisch, während sie beim Erwärmen dehnbarer und flexibler werden. Die Glasübergangstemperatur ist dabei eine der wichtigsten Kenngrößen zur Bestimmung der Eigenschaften von polymeren Werkstoffen. Insbesondere gibt sie Hinweise auf deren Formbeständigkeit bei Wärmeeinwirkung.
Kenntnis über die Glasübergangstemperatur von Kunststoffen ist lebenswichtig
Allgemein ist die Glasübergangstemperatur Tg definiert als die Temperatur, bei der amorphe oder teilkristalline Kunststoffe von dem hochviskosen, zähflüssigen oder gummielastischen Zustand in den hartelastischen oder glasigen Zustand übergehen. In Bezugnahme auf das geforderte Materialverhalten werden Werkstoffe entweder oberhalb oder unterhalb ihrer Glasübergangstemperatur eingesetzt.
Genaue Kenntnisse über Tg bei der Charakterisierung von Kunststoffen sind essenziell – geradezu überlebenswichtig. So wurde als Ursache für das Unglück des Space Shuttles Challenger im Jahr 1986 eine fehlerhafte O-Ring-Dichtung ermittelt. Kühle Temperaturen in der Nacht machten diese ungenügend elastisch und spröde. Die elastomere Dichtung wurde unterhalb ihrer Tg betrieben, die Abdichtfunktion war nicht mehr gegeben und Treibstoff trat aus.
Verwendung der dynamisch-mechanischen Wärmeanalyse zur Bestimmung der Glasübergangstemperatur
Als wesentliche Charakterisierungsmethode im Bereich der thermischen Analyse gilt die dynamisch-mechanische Thermoanalyse. Durch Anwendung einer oszillierenden Kraft auf die Probe werden frequenz- und temperaturabhängig die viskoelastischen Eigenschaften sowie die elastischen Modulwerte bestimmt. Die Phasenverschiebung zwischen Anregungs- und Antwortsignal gibt Auskunft darüber, ob sich ein Material eher viskos oder elastisch verhält.
Die Grafik zeigt, wie anhand der Elastizitätskennwerte der Glasübergang bei einer Lackprobe ermittelt werden kann. Der Elastizitätsmodul setzt sich zusammen aus dem Speichermodul E‘ als Realteil und dem Verlustmodul E‘‘ als Imaginärteil. Der Speichermodul beschreibt den vom System speicherbaren Teil der mechanischen Energie, der Verlustmodul definiert das Maß für die vom Material dissipierte Energie. Im Beispiel ist bei Temperaturen bis ca. 45 °C der Verlustmodul sehr gering. Die Lackprobe reagiert wie ein Festkörper, die Verformungsarbeit wird während des Belastungsvorgangs fast vollständig gespeichert. Ab 50 °C steigt der Verlustmodul stärker an. Die Lackprobe verliert ihre elastischen Eigenschaften und die eingebrachte mechanische Energie wird großteils in Wärmeenergie umgewandelt. Gleichzeitig sinkt der Speichermodul. Im Maximum des Verlustmoduls bzw. Wendepunkt des Speichermoduls ist der Glasübergang erreicht.
Heiztisch für Nanoindentationssysteme von Helmut Fischer zur Realisierung der dynamisch-mechanischen Wärmeanalyse
Mit dem Heiztisch SHS200 für die Nanoindentationssysteme FISCHERSCOPE® HM2000 und PICODENTOR® HM500 bietet Helmut Fischer das passende Zubehör, um bei Temperaturen von bis zu 200 ºC die Härte und elastischen Eigenschaften von Lacken und Kunststoffen zu bestimmen. Über den Dynamic Mode als zusätzliches Feature der leistungsfähigen Software WIN-HCU lassen sich die Werkstoffe noch genauer charakterisieren und die spezifischen Glasübergangstemperaturen prüfen bzw. ermitteln.
Zunächst wird die Probe mit einer bestimmten Kraft von bis zu 2 N analog zu einer Eindringmessung belastet. Weiter wird eine zusätzliche, sehr kleine Sinusschwingung (Amplitude von weniger als einem Millinewton) auf diese Kraft aufgesetzt. Die Verformung des Materials bleibt im elastischen Bereich. Die Antwort des Probenmaterials wird gemessen, indem die Amplitude (normalerweise wenige Nanometer) sowie eine Phasenverschiebung zwischen der Erregerschwingung und dem Antwortsignal betrachtet werden.
Die Messung startet automatisch, sobald der Heiztisch die vordefinierte Temperatur erreicht hat. Neben einem Hitzeschild zum Schutz des Messgeräts besteht der Grundkörper des Indentors aus Keramik, um dessen Wärmeausdehnung zu minimieren. So werden selbst bei längeren Messzeiten zuverlässige Werte erzielt.
Kunststoff-spezifische Glasübergangstemperatur
Der Glasübergang ist für jeden Kunststoff spezifisch und beruht auf der verwendeten Messmethode, weshalb diese bei der Charakterisierung anzugeben ist. An welchem Punkt Tg liegt, hängt davon ab, wie dicht ein Kunststoff vernetzt ist. So ist diese bei einem Duromer wesentlich höher als bei einem Elastomer.
Die optimalen Anwendungsbereiche liegen bei amorphen Thermoplasten wie Polymethylmethacrylat (PMMA) unterhalb Tg, wohingegen Elastomere, wie an dem Beispiel des Challenger-Unglücks zu sehen, oberhalb Tg eingesetzt werden.
Ihre Messgeräte zur Bestimmung des Wärmeeinflusses auf Kunststoffe und Lacke
Messungen mit den Nanoindentationssystemen FISCHERSCOPE® HM2000 und PICODENTOR® HM500 in Verbindung mit dem Heiztisch SHS200 erlauben es, Kunststoffe und Lacke umfassend zu charakterisieren. In einer Messreihe können sowohl verschiedene viskoelastische Eigenschaften (Elastizitäts-, Speicher- und Verlustmodul) gemessen als auch die Glasübergangstemperatur bestimmt werden. Eine zusätzliche Messung von Tg mit weiteren Verfahren wie der dynamischen Differenzkalorimetrie ist nicht notwendig. Für weitere Informationen kontaktieren Sie Ihren lokalen Fischer-Ansprechpartner.